Last updated on Mai 16th, 2024 at 09:14 am

Dies ist ein Gastartikel von Ines Sachs, der Autorin des Bestsellers «Apéro um Zwölf», einem Erfahrungsbericht für alle Frankreich-Fans. Hier teilt Ines Sachs ihre Erinnerungen an ihre Périgord-Reise – Schmunzeleffekt garantiert!
Ines Sachs - Autorin des Bestsellers "Apéro um Zwölf"
Frankreich-Ratgeber mit Schmunzeleffekt - Apéro um Zwölf von Ines Sachs
Ich nehme euch heute mit auf eine Zeitreise, in den April 2004. Ja, ich weiß, das ist schon lange – viel zu lange – her. Aber ihr bekommt ja von Karin so viele aktuelle Berichte übers Périgord, da darf ich mir so eine Reise in die Vergangenheit erlauben.
Mein Mann Christian und ich, wir hatten uns – da waren wir noch jung und dumm – eine heroische Aufgabe gestellt: Wir hatten alle Regionen Frankreichs, die uns interessierten (und das waren einige!), in eine Excel-Liste gepackt, und wollten jedes Jahr mindestens eine davon besuchen.
Die unter euch, die mich ein wenig kennen, wissen, dass mein Mann seine Excel-Listen liebt. Und je komplexer sie sind, desto besser. Nun, wir hatten also eine Excel-Liste, natürlich mit Priorisierung. Ich gebe gerne zu, dass die Küstenregionen die Spitzenplätze auf unserer Liste einnahmen. Aber irgendwann ist man damit ja mal durch. Und so kam es, dass wir uns eines regnerischen Frühlingstages auf eine lange Fahrt machten. Ziel war das Périgord.
Chambre d'hôte - Moulin de Garrigue
Chambre d’hôte Moulin de Garrigue
Ihr werdet es nicht glauben, aber ich erinnere mich noch heute an unsere Ankunft im Chambre d’hôte. Wir waren am Freitagmittag losgedüst, hatten auf der Strecke übernachtet und kamen am späten Samstagnachmittag an.
Anfangs hatten wir etwas Schwierigkeiten, es zu finden. Unser Navi ließ uns immer wieder in einen Feldweg abbiegen und wir dachten, da kann es nicht langgehen. Es hatte nicht realisiert, dass ein Feldweg mit Bachdurchquerung keine so brillante Idee war, wenn man keinen Traktor fuhr.
Endlich hatten wir herausgefunden, dass wir uns von der anderen Seite nähern mussten, und da klappte es dann auch sofort mit uns und der „Moulin de la Garrigue“. Eigentlich war diese alte Mühle gar nicht schwer zu finden, man hätte nur noch ein Stück weiter auf der Hauptstraße bleiben müssen. Wir holperten über einen Kiesweg, eine ziemlich enge Brücke und… wurden von einem großen Schäferhund begrüßt, der bellend neben unserem Auto herlief.
Das Gebell rief Herrchen aus dem Haus, der uns zurief: „Ne vous inquiétez pas, il ne morde pas“, machen Sie sich keine Sorgen, er beißt nicht.
Das sagen sie immer, dachte ich. Vor so großen Hunden habe ich denn doch immer ein bisschen Angst, wenn ich sie nicht kenne. Aber dieser hier sollte sich tatsächlich als einer von der kuscheligen Sorte herausstellen. Herrchen zeigte uns, wo wir parken sollten, schnappte sich eine unserer Taschen aus dem Kofferraum und stiefelte voran ins Haupthaus.
Da, an dem großen Holztisch am Kamin gäbe es morgen früh das Frühstück. Wir sollten ihm nur sagen, wann. Denn wir waren die einzigen Gäste und er wollte sich ganz nach uns richten. Ob wir Hunger hätten, die Fahrt musste doch lang gewesen sein. Und ob wir Hunger hatten! Wenn wir wollten, würde er uns eine Kleinigkeit machen, aber wirklich nur eine Kleinigkeit, nur hausgebackenes Brot, ein bisschen Wurst und Terrine, natürlich auch hausgemacht.
„Ça vous dirais?“ fragte er. Na und ob uns das zusagte! Brauchten wir schon heute Abend nicht mehr losziehen.
Paddelboot-Tour bei La-Roque-Gageac
Auf Paddelboot-Tour bei La-Roque-Gageac
So verbrachten wir also den Abend gemütlich schwatzend mit unserem Gastgeber. Bei einem Gläschen Wein (oder zwei, oder drei…), sensationell leckerem frischem Brot und Fleisch-Terrine. Hmmmmm!
Bei dieser Gelegenheit erfuhr unser Gastgeber, dass wir uns „das Périgord“ anschauen wollten. Ich weiß, in einem kurzen Urlaub wie diesem kann man sich unmöglich das ganze Périgord anschauen. Aber unser Gastgeber, nennen wir ihn Guillaume, fühlte sich nun verpflichtet, uns „sein“ Périgord nahezubringen. Er versprach, uns eine kleine Liste mit den wichtigsten Sehenswürdigkeiten zusammenzustellen, damit wir Ahnungslosen zumindest nicht gänzlich ahnungslos durch sein geliebtes Périgord stolperten.
Am nächsten Morgen zum Frühstück präsentierte er uns seine Liste. Klein war die jedenfalls nicht. Er hatte mehrere A4-Seiten beschrieben. Wir hatten Mühe zu entziffern, was er da gekritzelt hatte. Aber wir erkannten schnell, dass die Seiten ein System hatten.
Es gab eine Seite pro Tag unseres Aufenthaltes. Für jeden Tag hatte er uns eine Besichtigungstour zusammengestellt, auf die jede japanische Reisegruppe stolz gewesen wäre. Uff! Das hier sollte aber schon noch irgendwie Urlaub sein.
Unsere Gesichter spiegelten nicht unbedingt Begeisterung, und so fragte er: „Un peu trop?“ Ein bisschen zu viel? Ja, er wüsste, das sei ein bisschen viel, aber er war nun einmal so in Fahrt gewesen. Wir könnten die Liste ja behalten und später einmal wiederkommen. Und dann da weitermachen, wo wir dieses Mal aufgehört haben würden. Wir versprachen unser Bestes zu tun.
Jardin du Manoir d'Erignac
Jardin du Manoir d’Erignac
Die nächsten Tage taten wir wirklich unser Bestes, um Guillaumes Liste abzuarbeiten. Die Grotten von Lascaux… erledigt… Salignac… erledigt… Sarlat-la-Caneda… erledigt… Souillac… erledigt… Terrasson… erledigt… St Geniès… erledigt… noch einmal Sarlat – weil’s so schön war… nochmal erledigt… der Jardin du Manoir d’Erignac… erledigt… Perigueux… erledigt.
Die Paddelboottour auf der Dordogne stand nicht auf seiner Liste. Aber die hatte ich mir gewünscht. Und es war traumhaft schön. Solltet ihr in die Gegend kommen, unbedingt machen!
Guillaume hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, uns jeden Morgen beim Frühstück Gesellschaft zu leisten. Und jeden Morgen wurden wir gefragt, was wir am Vortag gemacht hatten. Wir fühlten uns schon ein bisschen unter Druck gesetzt. Aber es war ein sehr charmanter Druck. Oder besser Tritt in den Hintern.
So viele Besichtigungen wie in diesem Urlaub hatten wir noch nie und haben wir seitdem auch nie wieder gemacht. Mehr um ihn vom Thema Besichtigungen abzulenken, fragten wir ihn eines Tages nach einer kulinarischen Empfehlung.
Wo konnte man hier so richtig die ursprüngliche Küche des Périgords probieren? Mit dieser Frage waren wir bei ihm genau an der richtigen Adresse.
Er kannte da eine nette, kleine, familiengeführte Auberge. Aber er wollte vorher da anrufen, die kochten da nur mit Voranmeldung. Wann wir hinwollten, heute Abend? D’accord. Er würde uns ein kleines Menü bestellen mit dem besten des Périgord Noir. Wir sollten uns überraschen lassen. Wir nickten mutig.
Unterwegs in Sarlat
Unterwegs in Sarlat-la-Canéda
Mut brauchten wir aus verschiedenen Gründen: Er hatte uns gar nicht gesagt, wo er uns da hinschickte. Wir hatten keine Ahnung, was für Preise uns da erwarten würden. Und wir hatten keine Ahnung, was wir da vorgesetzt kriegen würden. Nun gut, wir nahmen uns vor, tapfer alles auszuprobieren.
Als wir am Abend von unserer Besichtigungstour des Tages wiederkamen, hielt er uns einen Zettel vor die Nase. Um 8 Uhr sollten wir an dieser Adresse sein. Madame erwarte uns. Okay, tief durchatmen. Wir schaffen das.
Nein, wir schafften das nicht. Das „kleine“ Menü bestand aus „nur“ vier Gängen. Zu jedem Gang wurde ein passender Wein serviert. Wir wurden zu keinem Zeitpunkt gefragt, was wir wollten. Wir kamen von Guillaume. Das machte uns zu ganz besonderen Gästen. Und Guillaume hatte für uns bestellt…
In Sarlat
Unterwegs in Sarlat-la-Canéda
Als Vorspeise gab es Foie gras – was sonst? Ihr folgte eine Omelette mit Trüffeln – unvergleichlich! Der Hauptgang war Foie gras poêlé (im Ganzen gebratene Entenbrust) – auf die waren wir schon den ganzen Urlaub über gespannt gewesen und wollten sie unbedingt probieren. Endlich kam sie.
Es duftete verführerisch, es sah sehr lecker aus, es war… furchtbar. Dieses glibberige Dingens war wie Wackelpudding, nur eben heiß und fettig. Wir hätten besser nur ein winziges Probiererle bestellt. Das hier konnten wir nicht essen.
Aber wir wollten auch nicht so viel auf dem Teller lassen, um den Chef nicht zu beleidigen. Wir gaben uns die größte Mühe, Häppchenweise mit viel Kartoffelpüree ging es. Unsere Augen wanderten sehnsüchtig zum Stammgast an der Theke, der einzige Gast außer uns, der sich mit großem Appetit über seinen Magret de Canard hermachte. Nun ja, den konnten wir ja morgen wieder essen.
Das Dessert – ein gâteau aux noix (Walnuss-Kuchen) – versöhnte uns wieder mit dem Abend. Und als Madame bemerkte, wie gut der uns schmeckte, packte sie uns noch zwei Stückchen zum Mitnehmen ein. Für den Heimweg… Nicht dass wir auf dem Heimweg noch irgendwelche Bedürfnisse gehabt hätten. Aber so ein Walnuss-Kuchen schmeckt auch am nächsten Tag noch, vielleicht sogar noch besser.
Bis zu diesem Zeitpunkt hatten wir noch immer keine Ahnung, was uns der Spaß kosten sollte. Eine Karte hatten wir nicht zu Gesicht bekommen. Doch die sehr rustikale Einrichtung des Restaurants hatte uns zumindest etwas beruhigt. Wir bestellten die Rechnung und waren erleichtert, als wir sahen, wie klein der Betrag war.
Zum Abschied bekamen wir einen Liqueur de noix (Walnuss-Likör) aufs Haus. Miam! Wir fuhren auf Schleichwegen zurück zur Mühle, eine Verkehrskontrolle wäre in unserem Zustand fatal gewesen. Guillaume erwartete uns schon. Als wir eintraten, fragte er: „Alors, ça était?“ Und, war’s gut?
Wir streckten demonstrativ unsere dick gefüllten Bäuche raus und grinsten. „Aber die Foie gras poêlé… da werden wir keine Fans von“, gestanden wir ehrlich.
Er grinste zurück und meinte, da müsse man sich erst dran gewöhnen. „Un petit digestif?“ Naklar, so ein Absacker geht immer. Vielen Dank, Guillaume.

Wissenswertes

Moulin de la Garrigue, 24590 Salignac-Eyvigues
Website: Chambre d’hôtes Moulin Garrigue

Guillaume heißt der aktuelle Gastgeber der Moulin. Ich nehme an, dass er das damals noch nicht war, aber seine Geschichte vom Pärchen aus Paris, das sich hier einen Traum verwirklicht hat, kommt mir seltsam bekannt vor.

Auberge des Marthres
Website: Auberge des Marthres

Bitte nagelt mich jetzt nicht fest. Ich bilde mir ein, dass das die Auberge war, aber da fragt ihr am besten Guillaume nach einer Empfehlung, so wie wir das damals getan haben. Und denkt dran, ohne vorherige Anmeldung geht hier nichts.

Übrigens…
Wer mich ganz lieb fragt, dem schicke ich gerne das Rezept dieses legendären Gâteau aux noix du Périgord. Ich habe es damals mitgehen lassen. Und der Kuchen schmeckt ganz genauso wie in der Auberge. Sogar, wenn die Walnüsse nicht aus dem Périgord kommen. 😉

Über Ines Sachs

Ines Sachs, Autorin und Frankreich-Expertin, lebt mit Unterbrechungen seit mehr als 20 Jahren in Frankreich und bezeichnet das Land heute als ihre Wahl-Heimat. Im Jahr 2022 veröffentlichte sie ihren ersten Roman „APÉRO UM ZWÖLF“. Weitere sollen folgen. So kannst du Ines kontaktieren Facebook-Seite: LebeninFrankreichGuide Facebook-Profil: ines.sachs.9 Website: www.ines-sachs.de Erfahrungsschatz in Buchform APÉRO UM ZWÖLF – VON ZWEIEN, DIE AUSZOGEN IN FRANKREICH ZU LEBEN Ein Buch für alle Frankreich-Fans. Und ein reicher Erfahrungsschatz für alle, die es uns gleichtun und aus diesem Traum von der Auswanderung Realität machen wollen. Hier findest du mehr über das Buch.
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